Samstag, 7. Mai 2016
Ein außergewöhnlicher Herrentag
herr klimlof, 20:16h
Nicht nur wegen des Wetters ging es gestern gleich morgens auf die Überholspur des Lebens. Es bot sich auch die Gelegenheit zu einer klassischen "guten Tat", was mir nicht so wahnsinnig häufig passiert, weshalb ich mir immer nen Ast freu im Falle eines Falles.
Das kleine Söhnchen hat Geburtstag, weshalb ich ihr frei gab.
Da fiel mir wieder ein, dass ich als Einsteiger ins Pflegebusiness dafür sorgte, möglichst am ganzen Wochenende keinen Besuch aus der Richtung zu erhalten. Von sieben Besuchen pro Woche fühlte ich mich zu bedrängt damals. Das wurde auch gern angenommen. Freitags kamm schon immer die hoffnungsvolle Frage: "Und? Wie sieht's aus mit dem Wochenende." Irgendwann sah es standardmäßig schlecht aus, und mittlerweile fragt meine Pflegerin seltener als einmal im Quartal ganz vorsichtig an. Die letzten Male dachte ich mir dann am Tag ohne Besuch, dass sie auch nicht häufiger was vorhaben sollte. Das wäre nicht so toll. Mal abwarten wie das morgen laufen wird. In meiner aktuellen Hochform kann eigentlich nix schief gehen.
So saß ich in bester Stimmung mit nem Kaffee und nem geladenen Lungenbrötchen vorm HolyScreen und spekulierte, ob ich eher durch die blogs hier dödeln sollte oder lieber rausgehn. Frische Luft plus Sonnenschein wird ja allgemein hoch eingeschätzt. Als Kinder wurden wir da voll drauf konditioniert. "Was macht ihr denn hier drin? Die Sonne scheint. Der Regen ist vorbei. RAUS!" und dann mussten wir draußen spielen.
Gestern kam dieser Weckruf tausendmal freundlicher formuliert unvermutet durchs Telephon. Eine junge Dame, die schneller reden kann, als jeder Schnellredner aus dem Fernsehen, fragte, ob ich was vor hätte. "Öhh, aktuell trink ich Kaffee und schmök dazu... und das muss ich auf jeden Fall zu Ende bringen." "Wir sitzen hier bei H. am Lagerfeuer und T. will auch gleich kommen. Der holt dich dann ab." Wann ich das letzte Mal einen solchen Anruf erhielt, weiß ich nicht mehr genau. Aber ich weiß, dass ich sie so lange abschlägig beschieden habe, bis niemand mehr anrief. Das Vorspielen einer auch nur ansatzweise positivistischen Haltung war mir zu anstrengend geworden. "Klar geht's gut. Super, Alles im Griff..." dabei hätte es heißen müssen "Beschissen ist geprahlt. Seit unserem letzten Treffen haben sich folgen Verschlechterungen meines Zustands eingestellt..." und dann ne kürzere oder eher ne längere Liste. Den Mist will doch keiner hören. Dafür geht man eigentlich nicht zu einer lustigen Gesellschaft, um dann dort Verfallsprotokolle anhören zu müssen... find' ich jedenfalls.
Aber hier kannte ich die Kerntruppe, die mit dem "wir" gemeint war, als komplett desinteressiert an konventionellem Erfolgsstreben, weshalb da nicht mit unangenehmen Situationen zu rechnen war. Und außerdem passte ein Herrentagsevent gut zur meinem frühlingshaften Hochgefühl. Sei spontan! Mach was, Tunix! "das ist aber lieb, dass du anrufst. Ich will wohl gerne kommen, aber T. muss mich nicht abholen. Ich komme lieber selbst." "Aber das liegt doch genau auf dem Weg." und wenn mal was auf dem Weg liegt, dann die aktuelle Konstellation, aber dennoch "Du weißt doch, ich habe diese Macke mit dem stets offenen Fluchtweg. Ich muss jederzeit abdüsen können." "Ach ja, so geht's T. ja auch. Dann park' bloß die Einfahrt nicht zu." Wir sollten man den Gastgeber dichtparken, dann sei das kein Problem.
Also schlürfte ich meinen Kaffee weg, ließ den Hund noch mal pieseln und machte bei der Gelegenheit ein Bild von meinen neuen Nachbarn, die keine Einwände hatten, ins Internet gestellt zu werden. Persönlichkeitsrechte, wer braucht denn sowas?
Eine der beiden Kühe ist trächtig, weshalb da noch niedlicher Nachschub lauert.
Großes Hallo bei der Ankunft und sofort hagelt es Angebote, mich durch die knubbelige "Gartenlandschaft" zu geleiten, sollte es mir zu unwegsam sein. Wirklich krass das Gelände, doch bei Beleuchtung kein Problem. Ganz im Gegensatz zu meiner unlängst stattgefundenen abendlichen Geselligkeit, nach der ich im Stockdustern eine winzige Böschung herunter musste und dabei feststellte, dass ich auf dem Hinweg im Hellen, wohl eine extra zum Aufstieg geeignet Stelle gefunden hatte, und dass die gesamte Breite des Durchgangs aber leider nicht abstiegsgeeignet war. Das merkte ich auf der Hälfte der Strecke, wie blöde aber auch. Naja, letztendlich ging's gut, no risk no fun & Co.
Jetzt bei strahlendem Sonnenschein schwebte ich elegant wie Jebus über's Wasser, durfte mir den besten Platz aussuchen und bekam das üppigste Sitzkissen. Man gut, denn der Südwind hätte mich ansonsten deutlich früher vertrieben, als es dann tatsächlich der Fall war.
Die jungen Leute hatten reingefeiert und die Nacht am Lagerfeuer verbracht. Die leeren Bierkisten sowie die Färbung des Bong-Wassers legten Zeugnis ab, dass sie es ziemlich hild gehabt hatten. Mannshoch sei das Feuer gewesen. Es gab auch mehrere Aschegruben , an denen sich eine gewaltige Feuertätigkeit ablesen ließ.
Und wenn einer von den Jungs nicht gerade was erzählte, dann rollten schnell mal die Augen weg oder schlossen sich ganz :-)
Zwei von ihnen hatten zwischendurch noch Schweinescheiße geschoben, weil der Schweinehirte und Investornewbie halt losmusste. Und zu Zweit geht es nun einmal schneller.
Dann wurde auch noch gegrillt. "Willst ne Wurst?" "Ja, danke." auch wenn die Würste in der Verpackung auf mich keinen ansprechenden Eindruck machten. Die waren mit einem Speckstreifen(imitat?) umwickelt, sahen aber ganz gut aus auf dem Teller. Grillgutdesigner muss ein schrecklicher Beruf sein. Wenn die guten Ideen aufgebraucht sind, was macht man dann? Offenbar nimmt man dann die Schlechten, um irgendeinen output zu erzeugen.
Wenn man mit der Gabel in eine Wurst piekste, trat eine auf mich irgendwie eitrig wirkende Flüssigkeit aus. Sowas kam mal aus meinem einen Fuß, und damals geisterte sogar das hässliche Wort "Amputation" durch die Gesprächswelt. Den Kram hätte ich nie in Würsten vermutet.
"Noch ne Wurst?" "Öhhh, ne Danke, bin echt satt." "Aber du willst doch noch Lammlachs? Und Rumpsteak." "Oooch... ein klitzekleines Stück Lamm könnte noch passen." Mensch, das war lecker, alle Achtung. Und das halbe Rumpsteak, das mir ungefragt aufgetellert wurde, war ebenfalls geil, aber dann auch das echte Ende meines carnivoren Fassungsvermögens.
Als einzige Zutat ohne Fleisch, gab es Baguettes, diese geschlitzten mit irgendeinem Gewürzmischungfettspritzer drin. Vegetarismus ist nicht wohlgelitten in meinem hiesigen Umfeld. Vor drei Dekaden sagte ein ältere Kollege zu mir. "Wer im Sommer Grünzeug ist, bekommt im Winter Heu. Das ist nix für mich."
Mit meinem Freund T., der sich als Taoist bezeichnet, hatte ich die Alterspräsidentschaft inne, und wir genossen es total, dass sich das Jungvolk so umfassend und so liebevoll um uns kümmerte. T. ist ähnlich kümmerlich wie ich bloß anders halt. Er hat mir ein viertel Jahrhundert Erwerbsunfähigkeit voraus, was ich ziemlich bemerkenswert finde, denn dass er deswegen nicht durchgedreht ist, ringt mir Hochachtung ab.
Vor ein paar Jahren hatte er einen Schlaganfall, den er erstaunlich gut überstanden hat. Vor ca drei Jahren traf ich ihn mal (Wir sind beide seltenst unterwegs, was ein Zufallstreffen sehr unwahrscheinlich macht.) und da konnte man sich kaum mit ihm unterhalten, weil er extreme Wortfindungsstörungen hatte. Und da war der Schlaganfall auch schon mehrfach verjährt.
Zum Logopäden geht er immer noch, aber ob das noch lange nötig sein wird, wage ich zu bezweifeln.
Die ganze hardcore-Chemikalienmedizin hat er sich mit Meditation abgewöhnt. Seinem Arzt hat er davon gar nix erzählt. Erst als er ganz ab davon war, hat er sich geoutet, ansonsten hätte der Arzt vermutlich die weitere Behandlung verweigert. Und so konnte der Weißkittel staunen, dass es auch ohne Chemie ein Leben nach dem Schlaganfall geben kann.
Jetzt hat er sich ein Haus gekauft in meiner erweiterten Nachbarschaft (ca 3km), sodass wir uns jetzt alle paar Wochen mal treffen, meistens bei mir.
Warum so ein Klappergestell wie er einen Kredit für ne Immobilie erhält, ist mir schleierhaft. Er ist wie ich Armutsrentner. Sind die schon wieder so verzweifelt in den Kreditabteilungen unserer Geldinstitute?
Mir zuliebe wurden dann auch ein paar Tüten gedreht, da bekannt ist, dass ich Bongs doof finde... selbst wenn sie über technische Daten verfügen. Vierzehnvierer-Schliff und Schlitzperkulatoren liefern neuerdings Gesprächsstoff.
Ich fand Bongs schon doof, als es noch gar keine gab, sondern so poetische Namen wie "Der Engel" oder auch "Der Greif" trugen. Dieser Engel war aus Porzellan, hielt die Hände über den Kopf, als würde sie eine Schale tragen und hatte die Flügel so nach hinten, dass an den Flügelspitzen das Mundstück angebracht werden konnte. Die Schale barg den eigentlichen Kopf mit metallenem Rohr ins glücklicherweise nicht sichtbare Wasser. Ein Kickloch hatte das Ding dann auch noch.
Üblicherweise wird ein solcher Kopf mit so viel/wenig Mische gefüllt, dass er mit einmaligen anzünden auf einen Zug weggeraucht werden kann. Leute mit Stahlgonaden und Sportlerlunge häufeln sich da dann wahre Berge drauf, Normalos nehmen weniger. Und mir behagt weder das Eine noch das Andere, sondern ich verweigere die Einzug-Methode und nuckelte son Ding halt in zwei oder wenn nötig mehr Zügen durch. Was ich da schon für Reaktionen erlebte, echt witzig. Hippie-Koventionen dürfen so wenig ignoriert werden wie bei Spießers im Hauptquartier. Mittlerweile verweigere ich Bonganwendung generell. Soll schließlich Spaß bringen der Kram, und diese Gewaltkifferei törnt mich eher ab.
Dann kam plötzlich zu den Sportzigaretten noch die überraschende Frage: "Willst du mal nen Vierzigeuro-Whisky trinken?" "Hä?" Dann zeigten sie mir ne fast leere Flasche single malt. Sowas habe ich früher, als ich dem Trunk prinzipiell und inbrünstig gewogen war, mal in Form einer kleinen "Sammlung" zuhause gehabt. Die wurden selten angerührt und haben zumeist superlecker geschmeckt. Cognac und Brandys nahm ich auch, aber bei Cognac gab es selbst in den oberen Preisregionen ab&an mal Seifiges. Hat mich echt gewundert, dachte ich doch, dass diese Produktkategorie jedenfalls mit teurer=besser funktioniert. War wohl ein Irrtum.
Trotz zirrhotischer Leber siegte die Neugierde. Ein halbes Schnapsglas, als ne homöopathische Dosis, ließen mich mal wieder fühlen, wie es früher war. Aus weiter Ferne betrachtet mit dem Sponsoring im Mund hatte ich lauter lustige Erinnerungen an die Trinkerei. Normalerweise fällt mir eigentlich eher der ganze Müll ein, der da noch mit dranhängen kann.
Nach ca fünf Stunden ging ich dann zum mobilen Teil meiner Herrentour über. Mein Tabak würde nicht bis zum nächsten Tag reichen, weshalb da unbedingt noch Nachschub ran musste. Im Nachbardorf git es einen Geldautomaten und nen Kaufmann, also hin da hin.
Der Automat kennt ja keinen Feiertag aber der Kaufmann offensichtlich. Dann eben in die Metropole. Da würden Penny und mein Lieblingsvollsortimenter sicherlich geöffnet haben. Als Notnagel wäre wahrscheinlich noch ne Tanke in Reichweite. Aber Dank der Bäderregelung ist den Umsatzjunkies auch an Sonn- Und Feiertagen fünf Stunden Zugang zur Droge gewährt.
Mit einigen Einkäufen, viel Tabak und sogar zwei Kuchen vom Bäckerstand düste ich dann wieder nach Hause. So weit eine echt tolle Tour. Die Kuchen waren ne Enttäuschung. Das muss ich mir merken, dass das obere Ende der Preisskala auch hier kein Garant für Zufriedenheit darstellt.
Zuhause war ich dann noch so hippelig, dass ich es für nötig hielt, mich ein wenig mit einer Tasse Kaffee und nem aufgeladenen Lungenbrötchen auf einen Abklingstuhl zurückzuziehen und die Digicam zu schwenken.
Die folgende Riege an Bildern zeigt den Hof meines kleinen Paradieses.
Von dort bietet sich dann diese Ansichten:
Meine Güte, wenn ich an meine ersten Schritte als "Photograph" denke, dann sind die Digicams ein echter Bringer. Vierundzwanzig Schwarzweißbilder in eine seltsamen Kassette. Für den Apparat konnte man so Blitzwürfel besorgen, was jedoch niemals geschah. Mit den Filmen wurde schon so rumgehökert, dass es gar nicht richtig Spaß brachte. Veirundzwanzig Bilder sind sooo schnelle alle. Und weil ich mit dem Sucher überhaupt nicht klar kam irgendwie, hatte ich einen bös hohen Anteil an Natur- respektive Gartenbildern mit Ellenbogen oder abgeschnittenen Nachbarskindern. Da war ich ABC-Schütze und habe den Kram überhaupt nicht überblickt, zudem fand ich in meinen Altvorderen keine kompetente Unterstützung, außer halt der Finanzierung eines Films im Halbjahr.
Meiner Omi brauchte ich nicht mit Fragen hinsichtlich technischer Gerätschaften kommen. Und mein Opi half mir nur über die erste Hürde "Da musst du durchgucken und hier draufdrücken." Damit hat er mir seinen gesamten Kenntnisstand vermittelt. War doch nett von ihm :-)
Allerdings knipse ich bei Sonnenschein jetzt immer blind. Dieses Display ist nicht zu erkennen, wenn eine gewisse Helligkeit überschritten wird.
Von vorgestern (Himmelfahrt) war ich gestern dann so platt, dass ich nur beim Baumarkt vor Ort meine Brennstoffvorräte auffrischte und nicht noch das vorgestern vergessene Toastbrot nachlud, was wieder mit ner weiteren Tour verbunden gewesen wäre. Das sollte dann heute passieren.
Da kam schon wieder Besuch auf den Hof. Ich hatte den Jungs Kohle mitgegeben, da meine Sämereien alle überaltert waren, und sie sowieso nen Ausflug ins Bong-Paradies in der Queue hatten. Fünf Eu kostet ein Same. Völliger Wahnsinn, und dazu hat sich der Meistersammler unter den Bong-Freunden einen Kopf für sage&schreibe 110€ geholt.
Da kam dann der alte Mann in mir durch, und ich textete ihn schnell mal voll von wegen Familie gründen, vielleicht ein Haus und der ganze Schmonz. Ob er nicht lieber aus Selbstschutzgründen nen Sparvertrag abschließen wolle, dann bräuchte er, sofern die Richtige mal auftauchen sollte (sehr unwahrscheinlich, leider), nicht ganz von vorne Anfangen. "Jaa... hmmm... eigentlich hast du ja recht..."
Das ist das Ätzende beim wohnen in einer sterbenden Region. Die Jungen, die keinesfalls woanders hinwollen, die sitzen ziemlich blöde zu. Hier gibt's (traditionell?) zu wenig bis keine Mädchen. Mal sehen, wie das mittel- bis langfristig weitergeht.
Das kleine Söhnchen hat Geburtstag, weshalb ich ihr frei gab.
Da fiel mir wieder ein, dass ich als Einsteiger ins Pflegebusiness dafür sorgte, möglichst am ganzen Wochenende keinen Besuch aus der Richtung zu erhalten. Von sieben Besuchen pro Woche fühlte ich mich zu bedrängt damals. Das wurde auch gern angenommen. Freitags kamm schon immer die hoffnungsvolle Frage: "Und? Wie sieht's aus mit dem Wochenende." Irgendwann sah es standardmäßig schlecht aus, und mittlerweile fragt meine Pflegerin seltener als einmal im Quartal ganz vorsichtig an. Die letzten Male dachte ich mir dann am Tag ohne Besuch, dass sie auch nicht häufiger was vorhaben sollte. Das wäre nicht so toll. Mal abwarten wie das morgen laufen wird. In meiner aktuellen Hochform kann eigentlich nix schief gehen.
So saß ich in bester Stimmung mit nem Kaffee und nem geladenen Lungenbrötchen vorm HolyScreen und spekulierte, ob ich eher durch die blogs hier dödeln sollte oder lieber rausgehn. Frische Luft plus Sonnenschein wird ja allgemein hoch eingeschätzt. Als Kinder wurden wir da voll drauf konditioniert. "Was macht ihr denn hier drin? Die Sonne scheint. Der Regen ist vorbei. RAUS!" und dann mussten wir draußen spielen.
Gestern kam dieser Weckruf tausendmal freundlicher formuliert unvermutet durchs Telephon. Eine junge Dame, die schneller reden kann, als jeder Schnellredner aus dem Fernsehen, fragte, ob ich was vor hätte. "Öhh, aktuell trink ich Kaffee und schmök dazu... und das muss ich auf jeden Fall zu Ende bringen." "Wir sitzen hier bei H. am Lagerfeuer und T. will auch gleich kommen. Der holt dich dann ab." Wann ich das letzte Mal einen solchen Anruf erhielt, weiß ich nicht mehr genau. Aber ich weiß, dass ich sie so lange abschlägig beschieden habe, bis niemand mehr anrief. Das Vorspielen einer auch nur ansatzweise positivistischen Haltung war mir zu anstrengend geworden. "Klar geht's gut. Super, Alles im Griff..." dabei hätte es heißen müssen "Beschissen ist geprahlt. Seit unserem letzten Treffen haben sich folgen Verschlechterungen meines Zustands eingestellt..." und dann ne kürzere oder eher ne längere Liste. Den Mist will doch keiner hören. Dafür geht man eigentlich nicht zu einer lustigen Gesellschaft, um dann dort Verfallsprotokolle anhören zu müssen... find' ich jedenfalls.
Aber hier kannte ich die Kerntruppe, die mit dem "wir" gemeint war, als komplett desinteressiert an konventionellem Erfolgsstreben, weshalb da nicht mit unangenehmen Situationen zu rechnen war. Und außerdem passte ein Herrentagsevent gut zur meinem frühlingshaften Hochgefühl. Sei spontan! Mach was, Tunix! "das ist aber lieb, dass du anrufst. Ich will wohl gerne kommen, aber T. muss mich nicht abholen. Ich komme lieber selbst." "Aber das liegt doch genau auf dem Weg." und wenn mal was auf dem Weg liegt, dann die aktuelle Konstellation, aber dennoch "Du weißt doch, ich habe diese Macke mit dem stets offenen Fluchtweg. Ich muss jederzeit abdüsen können." "Ach ja, so geht's T. ja auch. Dann park' bloß die Einfahrt nicht zu." Wir sollten man den Gastgeber dichtparken, dann sei das kein Problem.
Also schlürfte ich meinen Kaffee weg, ließ den Hund noch mal pieseln und machte bei der Gelegenheit ein Bild von meinen neuen Nachbarn, die keine Einwände hatten, ins Internet gestellt zu werden. Persönlichkeitsrechte, wer braucht denn sowas?
Eine der beiden Kühe ist trächtig, weshalb da noch niedlicher Nachschub lauert.
Großes Hallo bei der Ankunft und sofort hagelt es Angebote, mich durch die knubbelige "Gartenlandschaft" zu geleiten, sollte es mir zu unwegsam sein. Wirklich krass das Gelände, doch bei Beleuchtung kein Problem. Ganz im Gegensatz zu meiner unlängst stattgefundenen abendlichen Geselligkeit, nach der ich im Stockdustern eine winzige Böschung herunter musste und dabei feststellte, dass ich auf dem Hinweg im Hellen, wohl eine extra zum Aufstieg geeignet Stelle gefunden hatte, und dass die gesamte Breite des Durchgangs aber leider nicht abstiegsgeeignet war. Das merkte ich auf der Hälfte der Strecke, wie blöde aber auch. Naja, letztendlich ging's gut, no risk no fun & Co.
Jetzt bei strahlendem Sonnenschein schwebte ich elegant wie Jebus über's Wasser, durfte mir den besten Platz aussuchen und bekam das üppigste Sitzkissen. Man gut, denn der Südwind hätte mich ansonsten deutlich früher vertrieben, als es dann tatsächlich der Fall war.
Die jungen Leute hatten reingefeiert und die Nacht am Lagerfeuer verbracht. Die leeren Bierkisten sowie die Färbung des Bong-Wassers legten Zeugnis ab, dass sie es ziemlich hild gehabt hatten. Mannshoch sei das Feuer gewesen. Es gab auch mehrere Aschegruben , an denen sich eine gewaltige Feuertätigkeit ablesen ließ.
Und wenn einer von den Jungs nicht gerade was erzählte, dann rollten schnell mal die Augen weg oder schlossen sich ganz :-)
Zwei von ihnen hatten zwischendurch noch Schweinescheiße geschoben, weil der Schweinehirte und Investornewbie halt losmusste. Und zu Zweit geht es nun einmal schneller.
Dann wurde auch noch gegrillt. "Willst ne Wurst?" "Ja, danke." auch wenn die Würste in der Verpackung auf mich keinen ansprechenden Eindruck machten. Die waren mit einem Speckstreifen(imitat?) umwickelt, sahen aber ganz gut aus auf dem Teller. Grillgutdesigner muss ein schrecklicher Beruf sein. Wenn die guten Ideen aufgebraucht sind, was macht man dann? Offenbar nimmt man dann die Schlechten, um irgendeinen output zu erzeugen.
Wenn man mit der Gabel in eine Wurst piekste, trat eine auf mich irgendwie eitrig wirkende Flüssigkeit aus. Sowas kam mal aus meinem einen Fuß, und damals geisterte sogar das hässliche Wort "Amputation" durch die Gesprächswelt. Den Kram hätte ich nie in Würsten vermutet.
"Noch ne Wurst?" "Öhhh, ne Danke, bin echt satt." "Aber du willst doch noch Lammlachs? Und Rumpsteak." "Oooch... ein klitzekleines Stück Lamm könnte noch passen." Mensch, das war lecker, alle Achtung. Und das halbe Rumpsteak, das mir ungefragt aufgetellert wurde, war ebenfalls geil, aber dann auch das echte Ende meines carnivoren Fassungsvermögens.
Als einzige Zutat ohne Fleisch, gab es Baguettes, diese geschlitzten mit irgendeinem Gewürzmischungfettspritzer drin. Vegetarismus ist nicht wohlgelitten in meinem hiesigen Umfeld. Vor drei Dekaden sagte ein ältere Kollege zu mir. "Wer im Sommer Grünzeug ist, bekommt im Winter Heu. Das ist nix für mich."
Mit meinem Freund T., der sich als Taoist bezeichnet, hatte ich die Alterspräsidentschaft inne, und wir genossen es total, dass sich das Jungvolk so umfassend und so liebevoll um uns kümmerte. T. ist ähnlich kümmerlich wie ich bloß anders halt. Er hat mir ein viertel Jahrhundert Erwerbsunfähigkeit voraus, was ich ziemlich bemerkenswert finde, denn dass er deswegen nicht durchgedreht ist, ringt mir Hochachtung ab.
Vor ein paar Jahren hatte er einen Schlaganfall, den er erstaunlich gut überstanden hat. Vor ca drei Jahren traf ich ihn mal (Wir sind beide seltenst unterwegs, was ein Zufallstreffen sehr unwahrscheinlich macht.) und da konnte man sich kaum mit ihm unterhalten, weil er extreme Wortfindungsstörungen hatte. Und da war der Schlaganfall auch schon mehrfach verjährt.
Zum Logopäden geht er immer noch, aber ob das noch lange nötig sein wird, wage ich zu bezweifeln.
Die ganze hardcore-Chemikalienmedizin hat er sich mit Meditation abgewöhnt. Seinem Arzt hat er davon gar nix erzählt. Erst als er ganz ab davon war, hat er sich geoutet, ansonsten hätte der Arzt vermutlich die weitere Behandlung verweigert. Und so konnte der Weißkittel staunen, dass es auch ohne Chemie ein Leben nach dem Schlaganfall geben kann.
Jetzt hat er sich ein Haus gekauft in meiner erweiterten Nachbarschaft (ca 3km), sodass wir uns jetzt alle paar Wochen mal treffen, meistens bei mir.
Warum so ein Klappergestell wie er einen Kredit für ne Immobilie erhält, ist mir schleierhaft. Er ist wie ich Armutsrentner. Sind die schon wieder so verzweifelt in den Kreditabteilungen unserer Geldinstitute?
Mir zuliebe wurden dann auch ein paar Tüten gedreht, da bekannt ist, dass ich Bongs doof finde... selbst wenn sie über technische Daten verfügen. Vierzehnvierer-Schliff und Schlitzperkulatoren liefern neuerdings Gesprächsstoff.
Ich fand Bongs schon doof, als es noch gar keine gab, sondern so poetische Namen wie "Der Engel" oder auch "Der Greif" trugen. Dieser Engel war aus Porzellan, hielt die Hände über den Kopf, als würde sie eine Schale tragen und hatte die Flügel so nach hinten, dass an den Flügelspitzen das Mundstück angebracht werden konnte. Die Schale barg den eigentlichen Kopf mit metallenem Rohr ins glücklicherweise nicht sichtbare Wasser. Ein Kickloch hatte das Ding dann auch noch.
Üblicherweise wird ein solcher Kopf mit so viel/wenig Mische gefüllt, dass er mit einmaligen anzünden auf einen Zug weggeraucht werden kann. Leute mit Stahlgonaden und Sportlerlunge häufeln sich da dann wahre Berge drauf, Normalos nehmen weniger. Und mir behagt weder das Eine noch das Andere, sondern ich verweigere die Einzug-Methode und nuckelte son Ding halt in zwei oder wenn nötig mehr Zügen durch. Was ich da schon für Reaktionen erlebte, echt witzig. Hippie-Koventionen dürfen so wenig ignoriert werden wie bei Spießers im Hauptquartier. Mittlerweile verweigere ich Bonganwendung generell. Soll schließlich Spaß bringen der Kram, und diese Gewaltkifferei törnt mich eher ab.
Dann kam plötzlich zu den Sportzigaretten noch die überraschende Frage: "Willst du mal nen Vierzigeuro-Whisky trinken?" "Hä?" Dann zeigten sie mir ne fast leere Flasche single malt. Sowas habe ich früher, als ich dem Trunk prinzipiell und inbrünstig gewogen war, mal in Form einer kleinen "Sammlung" zuhause gehabt. Die wurden selten angerührt und haben zumeist superlecker geschmeckt. Cognac und Brandys nahm ich auch, aber bei Cognac gab es selbst in den oberen Preisregionen ab&an mal Seifiges. Hat mich echt gewundert, dachte ich doch, dass diese Produktkategorie jedenfalls mit teurer=besser funktioniert. War wohl ein Irrtum.
Trotz zirrhotischer Leber siegte die Neugierde. Ein halbes Schnapsglas, als ne homöopathische Dosis, ließen mich mal wieder fühlen, wie es früher war. Aus weiter Ferne betrachtet mit dem Sponsoring im Mund hatte ich lauter lustige Erinnerungen an die Trinkerei. Normalerweise fällt mir eigentlich eher der ganze Müll ein, der da noch mit dranhängen kann.
Nach ca fünf Stunden ging ich dann zum mobilen Teil meiner Herrentour über. Mein Tabak würde nicht bis zum nächsten Tag reichen, weshalb da unbedingt noch Nachschub ran musste. Im Nachbardorf git es einen Geldautomaten und nen Kaufmann, also hin da hin.
Der Automat kennt ja keinen Feiertag aber der Kaufmann offensichtlich. Dann eben in die Metropole. Da würden Penny und mein Lieblingsvollsortimenter sicherlich geöffnet haben. Als Notnagel wäre wahrscheinlich noch ne Tanke in Reichweite. Aber Dank der Bäderregelung ist den Umsatzjunkies auch an Sonn- Und Feiertagen fünf Stunden Zugang zur Droge gewährt.
Mit einigen Einkäufen, viel Tabak und sogar zwei Kuchen vom Bäckerstand düste ich dann wieder nach Hause. So weit eine echt tolle Tour. Die Kuchen waren ne Enttäuschung. Das muss ich mir merken, dass das obere Ende der Preisskala auch hier kein Garant für Zufriedenheit darstellt.
Zuhause war ich dann noch so hippelig, dass ich es für nötig hielt, mich ein wenig mit einer Tasse Kaffee und nem aufgeladenen Lungenbrötchen auf einen Abklingstuhl zurückzuziehen und die Digicam zu schwenken.
Die folgende Riege an Bildern zeigt den Hof meines kleinen Paradieses.
Von dort bietet sich dann diese Ansichten:
Meine Güte, wenn ich an meine ersten Schritte als "Photograph" denke, dann sind die Digicams ein echter Bringer. Vierundzwanzig Schwarzweißbilder in eine seltsamen Kassette. Für den Apparat konnte man so Blitzwürfel besorgen, was jedoch niemals geschah. Mit den Filmen wurde schon so rumgehökert, dass es gar nicht richtig Spaß brachte. Veirundzwanzig Bilder sind sooo schnelle alle. Und weil ich mit dem Sucher überhaupt nicht klar kam irgendwie, hatte ich einen bös hohen Anteil an Natur- respektive Gartenbildern mit Ellenbogen oder abgeschnittenen Nachbarskindern. Da war ich ABC-Schütze und habe den Kram überhaupt nicht überblickt, zudem fand ich in meinen Altvorderen keine kompetente Unterstützung, außer halt der Finanzierung eines Films im Halbjahr.
Meiner Omi brauchte ich nicht mit Fragen hinsichtlich technischer Gerätschaften kommen. Und mein Opi half mir nur über die erste Hürde "Da musst du durchgucken und hier draufdrücken." Damit hat er mir seinen gesamten Kenntnisstand vermittelt. War doch nett von ihm :-)
Allerdings knipse ich bei Sonnenschein jetzt immer blind. Dieses Display ist nicht zu erkennen, wenn eine gewisse Helligkeit überschritten wird.
Von vorgestern (Himmelfahrt) war ich gestern dann so platt, dass ich nur beim Baumarkt vor Ort meine Brennstoffvorräte auffrischte und nicht noch das vorgestern vergessene Toastbrot nachlud, was wieder mit ner weiteren Tour verbunden gewesen wäre. Das sollte dann heute passieren.
Da kam schon wieder Besuch auf den Hof. Ich hatte den Jungs Kohle mitgegeben, da meine Sämereien alle überaltert waren, und sie sowieso nen Ausflug ins Bong-Paradies in der Queue hatten. Fünf Eu kostet ein Same. Völliger Wahnsinn, und dazu hat sich der Meistersammler unter den Bong-Freunden einen Kopf für sage&schreibe 110€ geholt.
Da kam dann der alte Mann in mir durch, und ich textete ihn schnell mal voll von wegen Familie gründen, vielleicht ein Haus und der ganze Schmonz. Ob er nicht lieber aus Selbstschutzgründen nen Sparvertrag abschließen wolle, dann bräuchte er, sofern die Richtige mal auftauchen sollte (sehr unwahrscheinlich, leider), nicht ganz von vorne Anfangen. "Jaa... hmmm... eigentlich hast du ja recht..."
Das ist das Ätzende beim wohnen in einer sterbenden Region. Die Jungen, die keinesfalls woanders hinwollen, die sitzen ziemlich blöde zu. Hier gibt's (traditionell?) zu wenig bis keine Mädchen. Mal sehen, wie das mittel- bis langfristig weitergeht.
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