Samstag, 4. Juni 2016
Im Osten geht die Sonne auf. Im Süden nimmt sie ihren Lauf. Im Westen wird sie untergehn. Im Norden ist sie nie zu sehn.
Die letzte heute draußen gerauchte Fluppe wurde gekrönt von einem Sonnenuntergang,


Es kam auch ein Schwarm Gänse vorbei geflogen, Richtung Nordosten. Das ist ja ein akustisches Vergnügen der besonderen Art, denn die hören sich an, als würden sie miteinander schnacken. Machen sie ja vielleicht auch. Kann kein Gänsisch.

Obwohl ich lieber der Stubenhockerei meine Aufmerksamkeit gewidmet hätte, ergab ich mich dem Drängen der mittlerweile halbwegs stabil wirkenden Graspflänzchen. Die müssen dringen in den Boden. Doch der ist noch nicht einmal korrekt aufbereitet. Das habe ich heute mal mit Gewalt in Angriff genommen. Knacks und die Harke war zerbrochen. Dass ich so stark sein könnte, hätte ich nicht erwartet, weshalb ich die kaputte Harke jetzt als Symbol des fortschreitenden relaunches meiner selbst feiern kann.
Der Bodengrund, an dem das gute Stück scheiterte hat eine knetgummiartige Konsistenz, was mich ganz klar bis an die Grenzen fordert.
Üblicherweise bestraft mich das Leben für solcherlei Grenzgänge oder gar -überschreitungen mit schmerzhafter Ganzköpersteifheit, und wenn ich das ignoriere, dann schwellen mir irgendwelche Gelenke oder sowas in dem Dreh. Auf jeden Fall ist das Ergebnis ein bitterer Rückschlag.
Zudem vermindern diese Rückschläge meine noch verbliebene körperliche Restnutzungsdauer und damit meine Zeit als weitgehend selbstbestimmter Mensch. Das ist ein guter Grund, sich auf eine äußerst beschränkte Handlungsreichweite einzunorden. Kleine Kreise zu ziehen wird zum guten Ratschlag.

Das wirft ein ganz spezielles Licht auf meine aktuelle Aufwindphase. Denn ich habe neuerdings sogar sowas ähnliches wie Langeweile. Ein Phänomen, dass ich bereits seit Längerem überwunden zu haben glaubte. "Was soll ich bloß mal machen jetzt?" ist doch eine klassische Fragestellung, die den Gelangweilten plagt.
Mich plagt diese Frage ebenfalls, allerdings ist es nicht wie früher. Da wurde sowas wie "Was sollen wir machen?" mit "Auf dem Kopf stehen und lachen." beantwortet. Da war die Aussage "Mir ist langweilig." glasklar ein Kollateralschaden des Überdrusses. Nix bringt Bock. Alles schon tausendmal gemacht. Neuen input braucht das Land!
Langweilig ist dem jungen Mann im verlinkten Lied, weil er wartet und diese Wartezeit ohne Schicksalseingriffe zu bleiben scheint. Ne richtige Lösung hat er irgendwie auch nicht in petto.

Ich wüßte mich ja durchaus zu beschäftigen, wenn es nur um die Auswahl interessanter Zeitvertreibe ginge, aber das Meiste, das mir in den Sinn kommt, kollidiert mit meinen restriktiv aufgestellten Optionen. Gartenwühlerei schreddert mich, und Schreiben am PC leider leider auch. Sind zwar nur die Flunken, aber die sind ja leider so fürchterlich wichtig, weshalb ich da auch vorsichtig sein muss. Mit manischer Daddelei, KlickKlickKlickKlickKlickediKlick..., habe ich mir meinen Mausfinger bereits zu weitgehender Unbenutzbarkeit verbogen. Meine Vorsicht entspringt also echter Erfahrung und ist keine Hypochondrie, was jedoch nicht dafür sorgt, dass ich mir nicht wie ein Hypochonder vorkomme, weil ich mich ständig mit vorbestimmter negativer Erwartung selbst zu taxieren habe. So richtig cool ist das nicht, aber nützt ja nun mal nix.
Die wahren Nordlicht-Zen-Meister haben dafür sogar eine gereimte Weisheit im Portfolio:
Wat schast moken
schits int Bett
schits op Loken
schits vörbie
is okn Schwienerie
un hölst de Hand vör
löpt ok wat dör
Der drive, der mich aktuell erfasst hat, bringt mich zu den erstaunlichsten Sachen. Gestern erwischte ich mich dabei, wie ich beim Kaufmann versuchte, eine "gute Figur" zu machen. Ich humpelte plötzlich nicht mehr. Da lief ne ziemlich scharfe Braut rum, die ich nicht richtig zuordnen konnte. Machte nen indigenen Eindruck, aber ich hab keine Idee, wo ich sie hinpacken soll, also "Welches Dorf und welche Szene?"
Aber der eigentliche Gimmik war eher, dass ich mich bei tendenziell pubertärem Firlefanz erwischte. Das mit dem Nichthumpeln ist nämlich ein fürchterlich zweischneidiges Schwert, siehe oben.
Das Phänomen fiel mir in der letzten Zeit schon ein paar Male an mir auf, dass ich loszulatschen versuchte, als wäre ich normalgängig. Hier auf meinem Hof, der nicht nur ungepflastert sondern auch voller Fahrrillen und sonstiger Stolperfallen und Unebenheiten ist, kühlt sich mein Mütchen schnell, aber in der Zivilisation läuft es sich so gut, dass ich der Versuchung dort nicht richtig widerstehen kann. Ich eier los, was jedoch mit großer Sturzgefahr einhergeht, denn ich habe momentan nur ein Lauftechnik parat, die wie beim Fahrrad Fahren eine gewisse Mindestgeschwindigkeit voraussetzt. Dummerweise liegt diese leicht über meiner Kapazität, weshalb ich das nur wahnsinnig kurz durchhalte. Aber nun als Nichthumpler im Geschwindigkeitsbereich der Humpler zu agieren, kommt mir auch irgendwie seltsam vor. Ich kann mir meine Außenwirkung nicht richtig vorstellen. Und diese ist mir durchaus wichtig.
Ich hatte Zeiten, da machten die Leute Platz für mich, allerdings nicht aus Freundlichkeit, sondern weil sie Angst bekamen bei meinem Anblick. Vielleicht war es auch meine damals äußerst finstere Aura. Wahrscheinlich ne Mischung aus beidem.
Aber es war wirklich interessant zu beobachten, wie junge Mütter ihre kleinen aus aufgerissenen Augen starrenden Kinder beiseite zogen und dabei vermieden, mich anzusehen. Ich dachte ernsthaft darüber nach, mich mit einer stilechten Kutte und einem mindestens schulterhohen Wanderstab inklusive Pestglocke auszustatten, um den Aussätzigen, als den ich mich wahrgenommen fühlte, auch als solchen kenntlich zu machen.
Ich ließ das dann von wegen zu viel Schiss vor üblem Streit. Keine richtig heldenhafte Wendung, aber die geringe Chance, auf Banausen zu treffen, die meine Aktionskunst möglicherweise als entartet eingestuft hätten, war mir doch zu groß.
Gespiegeltes Elend ist möglicherweise schlimmer, oder wirkt schlimmer, als es der elenden Position ergeht.

Im Altersheim führt dieser Spiegeleffekt zu sofortigem Ausschluss, der elenden Person. Wenn ein individueller Verfall die Stufe erreicht, an der das Füttern unumgänglich wird, dann mobben die Fitteren den Gefütterten vom Tisch weg, am Besten ganz aus dem Saal, damit garantiert ist, dass sie dieses Elend im Detail nicht sehen und nicht miterleben zu müssen.
Aber die sind da sowieso ungesellig und finster drauf, wie ich finde. Selbst wenn im TV von Allen dasselbe geschaut wird, macht das jeder in seinem Zimmer und niemals im Gemeinschaftsraum. Die Geräuschkulisse ist da der Aufhänger für angebliche Gründe. Echt krass.
"Werd'... werd' ich auch so?" fragte ich meine Pflegerin ganz entsetzt, als sie mir davon erzählte. Sie lachte "Dann kriegen Sie von mir n Spak!" war ihre tröstliche Antwort. OK, es gibt also Hoffnung auf Abhilfe. Einfach mal spaken lassen, dann klappt's auch mit dem Sozialverhalten ;-)

Meine Fresse, ich weiß wohl, warum ich hier in meiner Ruine sitze. Scheiß auf den Messimüll rundherum. Vielleicht finde ich da auch noch ne Lösung. Wäre ja nicht das erste Mal, dass auch mal was klappt, was sauunwahrscheinlich ist und wo Alles irgendwie gegen spricht.

Das ist ja das Tolle am unbegründeten Optimismus. Man kann ihn einsetzen, wo es einem beliebt, wo es nötig, wichtig und richtig ist. Granatenmäßig freiheitsorientiert das Konzept. Weiter so!

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